von Neunholz

Im Reich der Göttin Idun ;-)

April 21, 2018 in Allgemein von Neunholz

Wir sind auch dieses Jahr vom 26. bis 27. Mai wieder mit dabei: In Jork, im alten Land südlich von Hamburg, organisiert die „Wikinger-Gesellschaft Altes Land“ ihren Wikingermarkt. Mehr Infos zum Markt unter http://www.wikingermarkt-jork.com/

Die Gegend, in der dieser Markt stattfindet, ist geprägt vom Obstanbau.  Der Großteil des hier heranwachsenden Obstes sind Äpfel. Wer weiß, ob wir uns hier im Reich der Göttin Idun befinden, die die Götter Asgards und anderer Welten mit den ewige Jugend spendenden Äpfeln versorgt? Letztes Jahr hörten wir in einem Vortrag in der Kneipe am Kreuzweg, dass ihr Reich auch einen Namen hat, nämlich „Brunacker“.  Bisher konnten wir die Quelle für diesen Namen nicht herausfinden, er soll jedoch (wie so oft bei Göttinnenreiche-Namen) mit dem Wort für Feuchtigkeit in Verbindung stehen. Das passt ja so sehr, wo hier Deiche, Schleusen und Entwässerungsgräben das Beackern des Bodens überhaupt erst ermöglichen! Nun steht unser Zelt also direkt hinterm Elbdeich zwischen Obstbäumen und wir freuen uns, wenn Ihr uns hier an diesem Wochenende auf dem Markt besucht. Der Laden ist am 25. – 27. Mai natürlich zu.  Bis dann!

Panorama-Aufnahme vom Deich aus: die Elbe, Bäume, Stäucher und Schilf vor dem Deich, direkt hinter dem Deich weit hinten der Wikingermarkt, davor Obstbaum-Anlagen mit alten Bauernhäusern dahinter.

Panorama von der Deichkrone aus: Hinten direkt hinter dem Deich, zwischen den Obstbäumen, ist der Wikingermarkt

von Martje

Ausflugstipp: Grabhügel mitten in Eckernförde

März 4, 2018 in Ausflugstipps, Umgebung von Martje

Wer diesen Grabhügel besuchen möchte, muss sich nicht im Gummistiefeln über Trampelpfade schleichen und in der norddeutschen Knicklandschaft verirren, denn der Standort ist sogar per Navi auffindbar und mit dem Auto zu erreichen: Er liegt an der Straße Osterrade 25 – 27 mitten im Wohngebiet des Stadtteils Wilhelmstal in 24340 Eckernförde. (Das ist also nicht „mitten“, sondern im Südosten der Stadt. Die Anlage liegt jedoch inmitten von Wohnblöcken, was sehr ungewöhnlich ist.)

Ein ca. 4 m hoder, grasbewachsener Hügel mit einem großen Baum oben drauf. Im nahen Hintergrund ist ein Mehrfamilienhaus zu sehen.

Wegen der Perspektive scheint dieses Foto mit der Straßenansicht von Südosten aus ein Wohnhaus auf einem Hügel zu zeigen. Von Nordosten aus ist das Hügelgrab schon klarer zu erkennen:

Eckernförde Grabhügel Nordostansicht

Die Aufnahmen machten wir im feuchten Winter 2017, bevor es frostig und verschneit wurde. Da wären Gummistiefel doch fast eine Empfehlung gewesen… Es sind die Spuren von Gehölzschnittarbeiten, aber auch die Neuanpflanzung von Bäumen zu sehen.

Nahaufnahme der Infotafel, die über die Geschichte dieser Grabhügel informiert.

Hier eine Nahaufnahme der leider etwas vermoosten Infotafel. (Beim nächsten Besuch haben wir einen Lappen dabei, versprochen.) Auf der Tafel sind Zeichnungen eines beispielhaften Hügelquerschnittes mit Baumsarg und eine Karte, auf der im Gebiet der heutigen Eckernförder Stadtteile Marienthal und Wilhelmstal viele Megalithgrabanlagen eingezeichnet sind. Der Text informiert, dass dieser Hügel einst Teil eines vorgeschichtlichen Gräberfeldes mit insgesamt 21 bekannten Grabhügeln in diesem Bereich war. Er ist im Stadtgebiet der letzte erhaltene. Im Jahr 1967 wurden die benachbarten Wohnblocks erbaut, wobei der Hügel teilweise eine neue Steineinfassung bekam und unter Denkmalschutz gestellt wurde. Darunter stehen noch allgemeine Infos zu Megalithanlagen und vorgeschichtlicher Grabkultur.

Wegen der Erreichbarkeit mit dem Auto hätte diese Anlage fast schon die Bezeichnung „Frühgeschichte-Drive-In“ oder „barrierefrei“ verdient. 😉 Ähnliches gilt auch für das Langbett von Karlsminde, welches jedoch nicht im Stadtgebiet, sondern mitten in der Agrarlandschaft Schwansens liegt.

von Martje

„Die Geschichten von Yggdrasil“

Januar 11, 2018 in Warenangebot von Martje

Eine Aufnahme von Luci van Org, auf der sie einen Thorshammer an einer langen Halskette trägt.

Foto: Victor Hildebrand

Am Donnerstag, dem 11. Januar 2018, liest Luci van Org aus ihrem Buch „Die Geschichten von Yggdrasil“ und wird als Multitalent auch dazu singen und musizieren. Die Veranstaltung findet in Hamburg statt, und daher nehmen wir uns die Freiheit, an diesem Tag unseren Laden geschlossen zu halten und dorthin zu fahren.

Der aufwändig gestaltete Bucheinband

Das Buch, aus dem sie lesen wird, haben wir seit einer Weile im Programm und seitdem schon an viele Kunden empfohlen. Zu uns kommen ja häufig Leute, die sich über die nordische Mythologie informieren oder einfach mal „die Edda“ lesen wollen. Für diese Zwecke haben wir ebenfalls die Übersetzungen der alten Texte in Form von günstigen Reclam-Ausgaben oder dem „Lexikom der germanischen Mythologie„, aber Lucis Buch ist anders: Sie hat nicht einfach die alten Geschichten, die zudem oft auch noch in für uns heute ungewühnlicher Stabreimform verfasst wurden, in modernes Deutsch übersetzt, sie hat sie neu erzählt! So ist die Entstehung der Welt beispielsweise nicht wie üblich als trockenen Wiedergabe der „Völuspá“ erzählt, sondern das Wissen um die nordische Schöpfungsgeschichte wird in einem amüsanten Dialog zwischen Odin und Mimir ganz nebenbei vermittelt. Dabei hat Luci einen frisch-frechen Sprachstil verwendet und eigene Gedanken einfließen lassen (beispielsweise wie ein freundschaftliches Verhältnis zwischen riesentötendem Weltenschöpfer und riesischem Weisheitsbrunnenwächter entstehen konnte…), wobei es fachlich-inhaltlich nichts zu Meckern gibt. Sie erfindet nichts dazu, sie malt das Bild nur weiter aus. Das Buch nennt sich „Familienbuch“, weil es nicht wie andere Edda-Ausgaben zu einem Drittel aus Erläuterungen besteht, ohne die den Lesenden der Inhalt oft fremd bleibt.

Dass Luci es schafft, sich mit der nordischen Mythologie modern oder humorvoll auseinanderzusetzen, ohne diese zu Verfälschen, ins Pathetische oder Lächerliche zu ziehen, hat sie schon mit der Illustration des Kinderbuchs „Thors Hammer“ und ihrem Roman „Frau Hölle“ bewiesen.

Wir freuen uns auf den Abend mit Luci und sind ab Freitag, dem 12. Januar auch wieder im Laden, damit Ihr auch in Schleswig ihre tollen Bücher kaufen könnt! 😉

Nachtrag: Es war eine gut besuchte Veranstaltung, die Stimmung dennoch eher familiär und Lucy war  – sowohl lesend, wie erzählend und auch musikalisch – mal wieder großartig in Form!  Unsere Fotos sind leider nur dunkel und unscharf, aber wir möchten sie Euch trotzdem nicht vorenthalten.

von Ralf

Kalender „Der Jahreskreis 2018 – Eine heidnische Reise“

Oktober 23, 2017 in Der Jahreskreis, Warenangebot von Ralf

Die Kalender „Der Jahreskreis 2018 – Eine heidnische Reise“ sind heute eingetroffen und damit ab sofort lieferbar.

Kalendertitel_2018

Dieser Kalender beginnt wieder im Julmond (Dezember) 2017 und endet im Julmond 2018. Die großen Fotos der Vorderseiten zeigen stimmungsvolle Bilder aus dem Jahreslauf. Die Wahl liegt diesmal auf Motiven aus der Natur, denn diese ist für den Kalender-Autoren „die Quelle des Heidentums“. Weiter schreibt er: „Es ist nicht nur der Blick, der in die Weite geht, auch viele Details am Wegesrand werden eine Rolle spielen. Mit offenen Augen durch die Natur unserer Heimat zu gehen, erfüllt mich stets mit Freude – ich hoffe ich kann Euch davon etwas vermitteln“.
Wieder hat jede Rückseite Informationen zu Kalendarischem aus germanischem, keltischem, slawischem und finnischem Kulturraum sowie einer Runenerläuterung und weitere Texte, in denen neben dem schon bekannten „Fensterblick“ wieder die alten Monats- und Wochentagsnamen sowie die Datierung des Isländischen Kalenders 2018 erklärt werden. Dieses Jahr gibt es zusätzlich kurz gehaltene Texte zu den Sonnenfesten und Jahreszeiten, vom Autoren „bewusst kurz gefasst“. Sonderthema wird dieses Jahr das angelsächsische Futhork sein – verglichen mit dem älteren und jüngeren Futhark.

Kalender_2018-kl
Im Anhang finden sich eine Übersicht zu Jahreskreisfesten und eine kurze Bilderläuterung.

Erhältlich ist „Der Jahreskreis 2018 – Eine heidnische Reise“ sowohl bei uns im Laden, wie auch über unseren Beowulf-Shop im Netz. Der Preis beträgt € 18,-.

 

 

von Ralf

Bericht und Nachgedanken zur Fachtagung „Wikingerkult und Rechtsextremismus“

Oktober 16, 2017 in Allgemein, Wikinger von Ralf

Die Fachtagung mit dem Titel „Odin mit uns! – Wikingerkult und Rechtsextremismus“ fand am 09. und 10.Oktober in der Akademie Sankelmark statt.

21366758_114150932597071_1145853629944546972_o

Zunächst vielen Dank an sämtliche Organisatoren und Beteiligten, die diese Veranstaltung überhaupt ermöglicht haben. Federführend sind hier die Arbeiterwohlfahrt Schleswig-Holstein (AWO) sowie das Beratungsnetzwerk gegen Rechtsextremismus mit seinen mobilen Teams zu nennen. Durch die Einbindung verschiedenster Institutionen wie z. B. der Bundeszentrale für politische Bildung, dem archäologischen Landesamt Schleswig-Holstein oder auch dem Innenministerium S-H, folgten äußerst renommierte Referenten dem Ruf zur Teilnahme an dieser Tagung. Vielfach wurde offensichtlich, dass sich diese unterschiedlichen Akteure hier zum ersten Mal begegneten.

Die Workshops dieser Tagung wurden online dokumentiert, hier der Link zur Dokumentation.

Wir hatten die Tagung inklusive einer Übernachtung gebucht. Am Montagmorgen gruppierten sich um den nett gedeckten großen Kaffeetisch bereits einige Personen, unter denen wir so manche bekannte Gesichter und Namen entdeckten. An einer Wand befand sich zur Orientierung eine Informationstafel und hier konnte jeder nachlesen, zu welchen Workshops man sich angemeldet hatte. Wir waren bereits während der Anmeldung mit den Auswahlmöglichkeiten überfordert, da die Workshops gleichzeitig stattfanden und wir gerne an allen teilgenommen hätten. Der mündlich angekündigten Möglichkeit, sich jetzt noch Umzutragen, kamen auch gleich einige der Teilnehmer nach, und bevor wir uns noch einmal mit unser Auswahl befassen konnten, wurde zu den Begrüßungs- und Eröffnungsvorträgen gerufen. Der nun folgende „Vortragsmaraton“ bot leider kaum noch Zeit für anderes, die Pausen mussten verkürzt und die Essenszeiten verschoben werden, um überhaupt noch annähernd im Programm zu bleiben. Sämtliche Vorträge hatten durchweg ein recht hohes Niveau (bis auf die Aktualität von Statistiken bzw. Einbezug von Sozialen Medien, aber dazu später mehr) und die Referenten wussten soviel Interessantes zu erzählen, dass leider viel zu wenig Raum für Diskussionen blieb. Zu allem Übermaß wurden auch die Workshops größtenteils als Vortrag gestaltet, alle Teilnehmer waren somit in eine eher passive Rolle gedrängt, obwohl sich darunter ebenfalls so einige „Hochkaräter“ ihrer jeweiligen Disziplin befanden. Schade, denn unter dem Begriff „Workshop“ hatten wir uns mehr Mitwirkung und Einbindung der Teilnehmer vorgestellt.

Leider fehlten auf dieser Tagung weitestgehend auch diejenigen, über die hier gesprochen werden sollte und damit sind keineswegs Extremisten der rechten Szene gemeint, sondern Menschen aus den Bereichen „Reenactment“, „Living History“, oder auf deutsch: Mitwirkende an und auf (Früh-) Mittelalterveranstaltungen (vor allem aus dem Bereich Frühmittelalter-Schaukampf) genauso wie Personen aus den Bereichen Heidentum und Paganismus. Ihnen wird schließlich vorgeworfen, das wissenschaftliche Bild der Wikingerkultur verfälscht darzustellen, und es wäre auf dieser Tagung zu klären gewesen, ob das durch ein Versagen der Wissenschaft (Art der Forschung und Publikationen) oder durch Ignoranz bzw. ideologische Verblendung der „Laien“ begründet ist. Es waren lediglich einige Teilnehmer in Doppelfunktion anwesend: Unter den mobilen Beratern für Rechtsextremismus fanden sich Rollenspieler (LARP – Live Action Roleplaying) und auch ein Schwertkämpfer, welcher diese Tätigkeit aber vorwiegend als reine Sportart und in Turnhallen ausübt. Ähnlich verhielt es sich innerhalb der historischen Disziplin: Einige der anwesenden Archäologen, Skandinavisten, Forscher und Museumsleute konnten natürlich mit persönlichen Erfahrungen im „Living History“ aufwarten, aber aktive Schaukämpfer fanden sich leider nicht darunter. Das Fazit, mehr miteinander statt übereinander zu sprechen, wurde jedoch einstimmig begrüßt.

Die Gründe, warum kaum Schaukämpfer oder Vertreter des Heidentums anwesend waren (letztere ebenfalls nur in Doppelfunktion), liegen zum einen darin, dass diese Tagung am Wochenbeginn stattfand. Berufstätige hätten dafür (Bildungs-) Urlaub einreichen müssen und das gestaltet sich für Studierende, Beamte und Mitarbeiter in öffentlichen Institutionen um ein vielfaches leichter, als für Selbstständige oder Arbeitende und Angestellte in Kleinbetrieben.

Hinzu kommen einige sehr unglücklich gewählte Formulierungen in der Tagungsbeschreibung. Die oberflächliche mediale Sommerloch-Berichterstattung über die Schildbemalung mit einem Hakenkreuz während der Schleswiger Wikingertage zum Aufhänger zu wählen, musste in Anbetracht der vorausgegangenen Diskussionen innerhalb der Reenactment-Szene „nach hinten losgehen“. Bis heute wird eine sachliche Diskussion darüber dadurch erschwert, dass es parallele Artikel in den Zeitschriften „Schleswiger Nachrichten“ des SHZ (Schleswig-Holsteinischer Zeitungsverlag) und in der TAZ („Die Tageszeitung“) gab, in den beiden Artikeln unterschiedliche Schilde abgebildet sind und beim SHZ eine Broschüre des Museums Oerlinghausen nicht erwähnt wird, im TAZ-Artikel hingegen schon. Die Schleswiger Wikingertage haben sich in der Vergangenheit zwar nicht gerade mit Ruhm bekleckert, was die Auswahl von Musikgruppen oder den Einlass von Besuchern mit rechtsextremistisch eindeutig konnotierter Bekleidung betrifft – aber es ist verwirrend, in selben Diskussionsstrang Fotos aus Wolin abzubilden, wo das Zeigen von Hakenkreuzen (unabhängig von der Frage nach deren historischer Nachweisbarkeit) keine Straftat darstellt. Bereits diese Unsachlichkeit bewirkte bei einigen Unwilligkeit, sich mit diesem Thema überhaupt auseinanderzusetzen. Die in dem TAZ- Artikel erwähnte Broschüre „Nazis im Wolfspelz“ von Karl Banghard (Freilichtmuseum Oerlinghausen) hatte Aufregung und Kritik verursacht, die bei vielen in der Szene anscheinend zu einer unkooperativen Trotzhaltung geführt hat.

Vorderseite „Nazis im Wolfspelz“:

Heft_verkl

 

Zum Vergleich hier die Links zu den Zeitschriften:

Schleswiger Nachrichten v. 09.08.2016: „Nazi-Verdacht bei den Wikingertagen /Achtspeichiges Hakenkreuz auf einem Schild bei den Kampf-Vorführungen sorgt für Wirbel / Veranstalter sprechen von „unglücklicher Motivwahl““

Schleswiger Nachrichten v. 10.08.2016: „Nazi-Verdacht in Schleswig : Hakenkreuz-Schild bei Wikingertagen – Blödheit oder Provokation? /Die Wikinger-Szene diskutiert über ein fragwürdiges Symbol in Schleswig. Schaukämpfer fühlen sich ungerecht behandelt.“

TAZ v. 10.08.2016: „Nazi-Symbol beim Wikinger-Fest / Mit Rüstung und Hakenkreuz /Beim Wikinger-Fest in Schleswig kämpft ein Darsteller mit einem Hakenkreuz-Symbol. Die Unterwanderung durch Rechte sei ein Problem, so Forscher.“

Viele Schaukämpfer fühlten sich zunächst durch das Heft von Banghard und dann nochmal durch die Presse pauschal an den Pranger gestellt. Dieses Heft lag auch den Tagungsmappen bei, welche allen Teilnehmern zur Verfügung gestellt wurden. Zum Inhalt von „Nazis im Wolfspelz“ sollte zunächst lobend erwähnt werden, das Karl Banghard der einzige seiner Zunft ist, der sich bisher überhaupt öffentlichkeitswirksam mit dieser Problematik auseinander gesetzt hat. Leider wurden die darin gezeigten Beispiele lediglich an einer Veranstaltung im polnischen Wolin festgemacht und obwohl die deutsche Reenactment-Gruppe „Ulfhednar“*** im Heft und auf der Tagung erwähnt wurde, sind die Gesetze und politischen Gegebenheiten in Polen ganz andere als in Deutschland. Die Be- und Zuschreibungen der Symbole in Karl Banghards Heft sind weitestgehend korrekt, aber in Anbetracht des nahezu völligen Fehlens entsprechender wissenschaftlicher Fachliteratur* und somit nicht vorhandener Fußnoten oder Verweise sind sie eindeutig viel zu oberflächlich gehalten. Aber was will man schon in einem dünnen, bunt bebilderten Heft von nicht einmal 60 Seiten alles unterbringen?

Rückseite „Nazis im Wolfspelz“:

Heft_Rück_verkl

 

Wer sich den Inhalt des Heftes „Nazis im Wolfspelz“ online ansehen möchte, kann das hier tun.

Häufig ist den Mitwirkenden der heutigen Wikingerszene übrigens gar nicht bewusst, welche Faszination sie mit ihrer Darstellung für die Anhänger nordischer Rassenlehren ausüben. Besonders deutlich wurde dieses, als 2016 plötzlich Bilder von Wikingerdarstellern auf Facebookseiten auftauchten, die sich „Save our White Children!“** und „Proud European Heritage“** nannten. Dort wurden ebenso Fotos von Kindern aus der Reenactmentszene ungefragt politisch verwendet wie die von Personen ohne deren Kenntnis mit Texten wie „I am proud to be a white heterosexual!“ versehen.

Im Verlauf der Tagung wurde auch deutlich, dass der Unterschied zwischen einer Museumsveranstaltung und privatwirtschaftlichen Unternehmungen (z. B. „Wikingertage Schleswig“) kaum bekannt war: Der Auftrag eines Museums besteht in erster Linie darin, Wissen zu vermitteln, und die Aufgabe einer Veranstaltungsfirma ist es, Geld zu verdienen. Da sich die Fachwissenschaft jedoch zum großen Teil in ihre Elfenbeintürme der Forschung zurückgezogen hat und tatsächlich kaum in der Lage ist, ihre eigenen (Museums-) Veranstaltungen zu kontrollieren (wie im Laufe der Tagung ebenfalls deutlich wurde), werden insbesondere private Initiativen kritisiert, aber leider viel zu selten wissenschaftlich begleitet. Zwar wurden die Unterschiede und Probleme zwischen wissenschaftlicher Forschung sowie ihrer Vermittlung durch Dr. Ulf Ickerodt (Arch. Landesamt S-H) anschaulich erläutert, aber von einem Konzept in Bezug auf das Tagungsthema scheint man in Schleswig dennoch weit entfernt zu sein.

Es gibt indes durchaus Bemühungen, Veranstaltungen für Rechtsextremisten unattraktiv zu machen, indem szenetypische Kleidung bei Besuchern und vor allem der Verkauf und die Präsentation entsprechender Symbole durch Mitwirkende (Reenactors und Händler) verhindert werden. Meistens wurden solche Regeln erst nach Auffälligkeiten entwickelt, aber die Sensibilität für diese Auffälligkeiten scheint sehr unterschiedlich entwickelt zu sein: So haben beispielsweise der Verein Valsgaard oder auch die Wikingergesellschaft Jork / Altes Land Konzepte entwickelt, wohingegen für andere Veranstaltungsorganisatoren, sowohl Museen als auch kommerzielle Veranstalter, „das Kind erst richtig in den Brunnen gefallen sein muss“, um eine rechtliche Handlungsgrundlage beispielsweise durch entsprechende Formulierungen in der Hausordnung zu schaffen. Das Kreismuseum Wewelsburg hat sich z. B. eine äußerst rigorose Hausordnung gegeben, welche wohl keinen Raum mehr für rechtsextremistische Inzinierungen und Auftritte lässt und auch Oerlinghausen ist hier wohl ziemlich weit vorn mit dabei. Ob das auch für andere Museen ein akzeptabler und gangbarer Weg wäre, muss aber wohl noch diskutiert werden.

Ähnlich wie bei den Schaukämpfern verhält es sich mit der ebenfalls im Tagungstext angesprochenen „Neopaganen Religiosität“. Formulierungen wie: „Wissen wir, was die Wikinger glaubten? Gab es überhaupt einen gemeinsamen Glauben der Wikinger? Neben der Beschäftigung mit diesen Fragen soll in dem Workshop auch darüber diskutiert werden, ob ein Anknüpfen an germanische Religionen immer rechts konnotiert sein muss“, sind mit Sicherheit nicht geeignet, Brücken zu bauen, sondern hinterlassen im besten Fall ungläubiges Staunen über soviel Unwissenheit – oder sollte man hier besser das Wort Ignoranz verwenden? Man hätte im Einladungstext genauso gut eine andere Frage formulieren können: „Muss die heutige Archäologie zwingend am rechtsextremen Ahnenerbe anknüpfen?“ Wieviele Archäologen wären dem Ruf zur Tagung dann wohl gefolgt und hätten daran teilgenommen? Aber auch während der Tagung fielen Begriffe wie „erfundene Religion“ und andere unschöne Formulierungen. Nicht zuletzt wurde der Workshop „Neopagane Religiösität und ihre wikingerzeitlichen Vorbilder“ durch einen evangelischen Theologen geleitet, welcher die Stellung eines Sektenberaters – oder genauer: eines „Beauftragten für Sekten- und Weltanschauungsfragen“ einnimmt. Einladend und vor allem neutral wirkt das nicht gerade – wobei hier keineswegs gesagt werden soll, dass Herr Dr. Matthias Pöhlmann nichts von seinem Fach verstünde! An diesem Workshop konnten wir wegen der Überschneidungen leider nicht teilnehmen, aber aufgrund der entsprechenden Dokumentation und der Berichte von Teilnehmern wäre jedoch Folgendes anzumerken:

Vielleicht wäre es für diesen Workshop generell besser gewesen, nach unabhängigen und vor allem überkonfessionellen Referenten Ausschau zu halten. Solche finden sich beispielsweise bei „REMID“, dem religionswissenschaftlichen Medien- und Informationsdienst e.V. aus Marburg. Ebenfalls etwas erschreckend war es auch festzustellen, dass die Publikation „Göttertrost in Wendezeiten : neugermanisches Heidentum zwischen New Age und Rechtsradikalismus“ von Prof. Stefanie von Schnurbein aus dem Jahr 1993 zwar einigen bekannt war, ihre neuere und wesentlich umfangreichere Untersuchung des Themas in Norse Revival. Transformations of Germanic Neopaganism“ aus 2016 hingegen wohl noch nicht wahrgenommen, geschweige denn gelesen wurde. Zumindest war dieses unser Eindruck in persönlichen Gesprächen am Rande der Tagung. Gerade in den letzten zwanzig Jahren hat sich in diesem Bereich aber soviel Grundlegendes verändert, dass ein Rückgriff auf mehr als zehn Jahre alte Publikationen nahezu ungebildet erscheint. Möglicherweise wäre auch Stefanie von Schnurbein eine bessere Wahl für diesen Bereich gewesen. ****

Die Ablehnung heidnischer („neopaganer“) Religiosität zog sich im übrigen wie ein roter Faden durch die gesamte Tagung. Die beispielhaft erwähnten Gruppierungen waren die „Artgemeinschaft“*** sowie die Reenactment-Gruppe „Ulfhednar“***. Seriösere Formen von heutiger paganer Religiosität waren aufgrund der Tagungsausrichtung kaum Thema. Jedoch setzt sich die nicht-rechte Szene des Heidentums seit rund zwanzig Jahren nun schon immer wieder distanzierend mit dieser Thematik auseinander. Vielleicht wären dortige Lernprozesse sogar beispielhaft für das Entwickeln von musealen Abgrenzungskonzepten. Stattdessen wurde berichtet, dass pagane und auch esoterische Gruppen gerne eingetragene Bodendenkmäler (Großsteingräber u. ä.) für ihre Praktiken aufsuchen und leider nicht immer pfleglich mit diesen und der jeweiligen Umwelt umgehen. Wer solche Orte häufig besucht, wird tatsächlich immer wieder auf dort hinterlassenen Wohlstandsmüll oder gar auf Beschädigungen der Denkmäler stoßen. Da ist es beinahe schon logisch, dass Archäologen und Denkmalpfleger nicht eben gut darauf zu sprechen sind. Wer somit heute in der ur- und frühgeschichtlichen Forschung Karriere machen möchte, sollte sich hinsichtlich seiner religiösen Präferenzen daher entweder verschlossen geben, oder sich zu einer der beiden großen, christlichen Kirchen bekennen – alles andere könnte offensichtlich hinderlich sein.

Zumindest soweit wir das mitbekamen, wurden weitere wichtige Teile der Problematik kaum thematisiert, nämlich die Vereinnahmung des Wikingerbegriffes von Rechtsextremisten in sozialen Netzwerke wie z. B. Facebook und im Bereich Onlineversand. Ebenfalls deutlich wurde, dass sich etliche der anwesenden Fachleute vorwiegend mit gedruckten Schriften befasst hatten und zusätzlich lediglich – recht oberflächlich – die große Internetsuchmaschine (Google) bemüht hatten. Was sich themenbezüglich alleine in den letzten zehn Jahren in sozialen Netzwerken oder auch in Diskussionsforen entwickelte, war den meisten Wissenschaftlern auf dieser Tagung leider nahezu unbekannt. Diese Unkenntnis wurde auch kurz thematisiert und es wurde festgehalten, dass hier Nachholbedarf besteht. Wie das allerdings gehen soll, wenn sich die Forscher auch zukünftig verweigern, an profanen Diskussionen teilzunehmen, bleibt zunächst noch ein Rätsel. Was hilft es, die geschichtliche Parallelentwicklung von Archäologie als Wissenschaft und die Begriffsbildung von Nation als eine Ursache der Problematik klar herauszuarbeiten, wie es Dr. Ulf Ickerodt in seinem Vortragsteil tat, wenn es „nicht Aufgabe der Forschung ist, ihre Ergebnisse einem breiten Publikum vorzustellen“? Sollte sich Forschung nicht mit aktueller Recherche nach Wikingerrezeption verbinden, wie sie beispielsweise Jan Raabe durch den aktuellen Besuch der Wikingertage und detaillierte Kenntnisse im Bereich Neopaganismus erbringt? Er gilt als Experte für Rechtsrock, konnte jedoch mit seinem Vortragsteil genau diese Verbindung zwischen wissenschaftlichen Erkenntnissen und „Umsetzung“ des Wikingerbildes verdeutlichen.

Einer der bemerkenswertesten Beiträge aus dem Plenum heraus kam übrigens von Prof. Rudolf Simek. Herr Simek forderte seine Fachkollegen darin auf, sich mehr für populärwissenschaftliche Arbeiten zu öffen und eventuell sogar Beiträge für Illustrierte zu verfassen, denn „(…) wenn wir es nicht tun, tun es andere (…)!  Nicht zuletzt zeigt Simek durch seine Veröffentlichungen sowie durch seine Zusammenarbeit mit Tommy Krappweis schon seit Jahren, wie sowas aussehen kann, und er ist damit den meisten seiner Fachkollegen schon um Lichtjahre voraus – Vielen Dank Herr Prof. Simek!

Für einige Entspannung am Montag Abend sorgte dann die Vorführung „Best of Wikingerfilme“ von Herrn Ickerodt. Es wurden Trailer von (gefühlt) allen bekannten und auch einigen unbekannten Filmen mit Wikingerbezug gezeigt, die Herr Ickerot witzig und ironisch kommentierte.

Am Dienstag besuchten wir direkt nach dem Vortrag den Workshop „Was tun bei rechtsextremen Vereinnahmungsversuchen im Reenactment und bei Museumsveranstaltungen?“ von Ute Drews (Wikingermuseum Haithabu) und Ralf Hoppadietz (Universität Leipzig). Der Workshop begann wiederum mit einleitenden Vorträgen, hatte dann aber zumindest ein Element, welches man tatsächlich als Workshop bezeichnen kann. Im vortragenden Teil von Herrn Hoppadietz wurde sehr gut herausgearbeitet, dass eben nicht jede Zurschaustellung eines historisch überlieferten Symbols auch eine korrekte historische Darstellung ist. Wären solche Ausarbeitungen einer breiteren Masse von Reenactern bekannt, würde vielleicht sensibler mit Symbolen umgegangen. Es bleibt die Frage, ob die aktuelle Unsensibilität durch mangelnde Bringschuld der Wissenschaft oder durch Trägheit oder gar bewusste Provokation der Darsteller verursacht wird – und auch, wie mit solchem provokanten Symbolmissbrauch umzugehen ist. Sowohl hier wie auch während der nachmittäglichen Führung durch Haithabu wurde deutlich, dass sich Frau Drews der Bedeutung Haithabus als ideologische Wallfahrtsstätte für Rechtsextremisten bisher wohl nicht ausreichend bewusst war. So existiert bisher weder eine entsprechende Hausordnung noch ein Konzept, wie mit offensichtlich rechtsextremistischen Besuchern umgegangen werden soll. Diesbezüglich wurde aber eine Änderung angekündigt, welche durch die mobilen Berater für Rechtsextremismus nun tatkräftig unterstützt werden soll.

Mappe_inhalt_verkl

Fazit: Eine solche Veranstaltung war seit Jahrzehnten überfällig und sie ist, gerade in Anbetracht der aktuellen politischen Situation, dringender denn je. Es bleibt zu hoffen, dass die hier entstandenen Kontakte intensiv genutzt werden, um entsprechende Konzepte zu entwicken. Jedoch kann und sollte diese Fachtagung nur den Auftakt für eine Reihe weiterer Veranstaltungen – und vor allem auch Publikationen – mit ähnlichem Themenschwerpunkt darstellen. Wer sich nun zurücklehnt und glaubt, man hätte ja etwas getan und das müsste für die nächsten Jahre reichen, irrt ganz gewaltig. Für uns und unser kleines Unternehmen existiert so ein Konzept übrigens bereits seit vielen Jahren und es wurde immer wieder ergänzt, diskutiert und überarbeitet. Wer mehr darüber wissen will, darf uns gerne besuchen und befragen, hier schon mal ein kleiner Vorgeschmack:

rechtsfreier_Raum-150px

 

* Von anderen Teilnehmenden erfuhren wir, dass in dem Workshop „Vergangenheit trifft Gegenwart – Runen, Symbole und Codes im Rechtsextremismus“ von Priv. Doz. Dr. Alexandra Pesch (Zentrum für Baltische und Skandinavische Archäologie) und Kristin Kröckel (Regionales Beratungsteam gegen Rechtsextremismus Itzehoe) umfassende und fundierte Informationen geboten wurden. Leider findet sich dazu keine Dokumentation, wohl wegen der Schwierigkeit, in dieser Dokumentationsform verwendete Abbildungen zu zeigen.

** Die genannten Seiten sind auf Grund einer entsprechenden Meldung eines in diesen Netzwerken aktiven Fotografen nicht mehr sichtbar. Es wurden Urheberrechte geltend gemacht.

Hinweis: Auf eine Verlinkung der mit *** gezeichneten Begriffe wurde bewusst verzichtet. Wer nicht weiß, um wen oder was es sich dabei handelt, mag die Internet-Suche bemühen.

**** Inzwischen erfuhren wir, dass Frau von Schnurbein aus terminlichen Gründen leider nicht als Referentin zur Verfügung stand.

PS. Der etwas anders gewichtete, aber dennoch interessante Tagungsbericht einer teilnehmenden Archäologin findet sich hier.

von Ralf

Is wat los im Oktober

Oktober 3, 2017 in Allgemein, Veranstaltungen, Wikinger von Ralf

„Karnikel, Krieger und Kürbisse“ gibts am Sonntag, 08.10.2017 in Süderbrarup zu bestaunen:

20108658_1506743842723880_7351451592625972206_n

und um dort mitmachen zu können, müssen wir am Sonnabend, 07.10.2017 aufbauen und können den Laden deshalb nicht öffnen.

 

Gleich danach nehmen wir an der Fachtagung zu Wikingerkult und Rechtsextremismus in Sankelmark teil.

21366758_114150932597071_1145853629944546972_o

Diese beginnt am Montag, 09.10.2017 um 9:00 Uhr, was bedeutet, daß wir auch Montag und Dienstag den Laden nicht öffnen können. Wir sind also erst ab Mittwoch, 11.10.2017 wieder dort anzutreffen. Zusammengefasst haben wir also von

Sonnabend, 07.10.2017 bis einschließlich Dienstag, 10.10.2017 geschlossen!

SEO Powered by Platinum SEO from Techblissonline