Haus „Mjölnir“ – der Professor und die Schleswiger Nachrichten

Januar 28, 2020 in Allgemein von Ralf

Am 28.01.2020 titeln die  „Schleswiger Nachrichten“:
„Historiker protestiert: Bauprojekt in Schleswig: Wirbel um den Namen „Mjölnir“  „

Hintergrund ist ein Bauvorhaben der Grundstücksgesellschaft Manke in Schleswig auf dem ehemaligen Kasernengelände „Auf der Freiheit“. Manke plant, dort mehrere Gebäude zu errichten und das Haupthaus, ein 7-stöckiger Turm, sollte den Namen „Mjölnir“ tragen.

Im Exposee las sich dazu (Stand 28.01.2020):

„Der Turm ‚Mjölnir‘ mit seinen 15 limitierten Ausnahme-Eigentumswohnungen glänzt wie Thors Hammer in der Abendsonne. Durch ein Lichtband, das vom Erd- bis über das Staffelgeschoss leuchtet, wird er auch nachts zum neuen Wahrzeichen der Stadt. (…) Die Aussicht aus dem Turm „Mjölnir“ nimmt Sie mit auf eine Weltreise der immer neuen Impressionen von Schleswig, dem Hafen und der Schlei.“

Nun ging wohl sowohl Manke wie mutmaßlich auch den Schleswiger Nachrichten eine Mail des Flensburger Historikers Prof. Dr. Gerhard Paul zu, in der er sich über den Namen „Mjölnir“ empörte, weil dieser Begriff dem wohl bekanntesten Grafiker und Karikaturisten der Nazizeit, Hans Herbert Schweitzer, als Künstler- und Deckname diente. Der professorale Vorwurf an Manke lautete, dass dieser Begriff nun überhaupt nicht in unsere Zeit passe, diese Namensgebung unpassend sein und auf rechtsextreme Immobilienkäufer abziele.

Die Firma Manke beruft sich daraufhin auf Unwissenheit, will den Begriff aus ihrer Projektbeschreibung streichen und versichert, dass politische Hintergründe ganz bestimmt keine Rolle gespielt hätten. Dafür  erhält sie Applaus vom Professor, der nochmal betont, „alles andere hätte ein schlechtes Licht auf Schleswig und auf Manke-Bau geworfen“. (Inzwischen wurde das Exposee überarbeitet, der geplante Turm heißt nun „54° Nord“)

Illustriert wird dieser Zeitungsartikel des Redaktionsleiters der Schleswiger Nachrichten, Alf Clasen, von einer Zeichnung eines schwedischen Thorhammer-Amuletts, welche im Wikipedia Eintrag zu „Mjölnir“ zu finden ist. Auch die Bezeichnung „Kriegshammer“ im Artikel (ein Begriff, der für dieses mythologische Weihe- und Kultgerät mit dem Namen Mjölnir eher unpassend ist!) lässt auf Wikipedia schließen, dort wird dieses Wort verwendet, in Fachliteratur zum Thema findet sich dieses Wort hingegen nicht.

Echte Recherche hätte dagegen bedeutet, sich im Wikingermuseum Haithabu die Beschreibung der dort zu sehenden und als Mjölnir bezeichneten Thorshammer-Amulette anzusehen, ein Gespräch mit der Museumsleitung zu führen oder bei uns nachzufragen, ob man mal kurz einen Blick in die angebotene Fachliteratur werfen dürfe. So ist das jedenfalls nicht der seriöse Journalismus, der von den SN erwartet wird!

Aber zurück zum Anliegen von Prof. Paul. Es stellt sich die Frage, ob auch die „Asgaard“ Brauerei oder das Restaurant „Odins“ in Haddeby angeschrieben wurde – wir von „Beowulf“ Schleswig haben jedenfalls kein Schreiben bekommen, dabei sind alle drei Namen auch in der Nazizeit ge- bzw. missbraucht worden (und werden es bis heute). Was sollen wir unwissenden Laien denn nun tun, Herr Professor? Müssen wir jetzt nicht nur unsere Firmennamen ändern, sondern auch unseren gesamten heutigen Sprachgebrauch überprüfen, ob sich darin nicht eventuell schon von den Nazis benutze Begriffe finden, welche der germanischen Mythologie entspringen? Was machen wir nun beispielsweise mit den Wochentagen, ist es noch erlaubt, den Donnerstag nach dem germanischen Gott Donar zu benennen? Dürfen Jäger noch ihr „Waidmanns Heil!“ oder Angler ihr „Petri Heil!“ benutzen? Wer denkt, dass durch Vermeidung von bestimmten Begriffen irgend etwas gegen Nazis untenommen wird, sollte sich auch gegen Schäferhundhaltung oder vegetarische Ernährung engagieren und nicht nur Baufirmen belehren. Es gäbe noch viele weitere Beispiele, aber keines davon würde diese Welt auch nur ein Stückchen besser machen, deshalb belassen wir es dabei.

Der Wikingerstadt Schleswig würde es gut zu Gesicht stehen, das Thema nordische / germanische Mythologie zu interessanter und aufklärender Information zu nutzen, denn tatsächlich wurde und wird dieses Thema politisch missbraucht! Nur leider wird hier durch unsachliche Berichterstattung der SN und einseitige Betrachtung eines vielschichtigen Themas wieder einmal sämtlichen Menschen, welche ein Thorshammer-Amulett tragen oder sich aus religiösen oder kulturellen Gründen mit der germanischen Mythologie befassen, eine Nähe zum Rechtsextremismus unterstellt.

 

Ähnlich dem Baustellen-Warnschild wehrt in dieser Grafik ein behemlmter Wikinger mit der Hand jemanden ab.

Nachtrag vom 31.01.2020:

Auch der SH:Z Schleswig-Holsteinischer Zeitungsverlag GmbH & Co. KG zu dem die Schleswiger Nachrichten gehören, hätte bei diesem Thema allen Grund vor seiner eigenen Tür zu kehren. Bereits 2014 rügte der NDR die Presse im nördlichsten Bundesland mit den Worten „Aufarbeitung der NS-Vergangenheit ungenügend“ und erwähnte dabei explizit auch die Schleswiger Nachrichten. Deshalb lautet unsere Frage nun an die SN: Was ist seitdem geschehen und welches diesbezügliche Konzept gibt es für die Zukunft?